Aktuelle Recherchetools

Ein Problem bei der digitalisierten Recherche ist die gewaltige Anzahl von potenziellen Werkzeugen und Datenquellen, die dafür genutzt werden können. Das OSINT-Toolkit der Züricher Agentur i-intelligence, das ich im Buch verlinkt hatte, ist eine über 500 Seiten lange Linkliste (!), und es stammt aus dem Jahr 2020, ist also nicht mehr auf dem neuesten Stand.

Jetzt hat Rowan Philp vom Global Investigative Journalism Network (GIJN) eine Übersicht über die seiner Meinung nach wichtigsten aktuellen Werkzeuge veröffentlicht: Top Investigative Tools in 2024. Seine Liste beginnt mit einem Knaller – die legendäre OSINT-Schmiede Bellingcat hat ihre eigene Werkbank der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt: bcattools ist ein übersichtlich gegliedertes Verzeichnis von Internetdiensten, Software, Wissensressourcen, Handbüchern, Newslettern und Bildungsangeboten, und umfasst auch Angebote zu Sicherheitsthemen.

Aber auch die anderen Hinweise in Rowan Philps Liste sind hilfreich. So empfiehlt er die auf Desinformation in sozialen Netzen und Fringe-Öffentlichkeiten spezialisierte Suchmaschine/Analytics-Plattform Open Measures oder einige neue Fact-Checking-Tools von Google.

Interessant und in meinen Augen nicht ganz unproblematisch ist Philps Empfehlung von Perplexity. Dieser KI-Dienst ist eine Art sprachgenerierendes Interface zu einer traditionellen Websuche. Das heißt, man kann natürlichsprachliche Recherchefragen stellen und bekommt recht gut strukturierte, weitgehend realitätsbasierte und auch aktuelle Antworten. Gerade angesichts des vielseits und zu Recht beklagten Qualitätsverfalls der klassischen Google-Suche einerseits, und der enthemmten Halluzinationen von sprachgenerierenden Diensten wie GPT andererseits, ist das natürlich außerordentlich verlockend.

Aber auch wenn Perplexity besser ‚gegroundet‘ ist als die KI-Rivalen, scheint mir ähnlich wie bei Google auch hier die mangelnde Transparenz bei der Auswahl und Gewichtung der Quellen ein Problem zu sein. Die ‚eloquentere‘ Darbietung der Rechercheresultate ist ohne Zweifel sehr hilfreich, aber sie verdeckt auch die Sicht in der Breite, auf weitere Fundstellen, die möglicherweise für die Recherche besonders relevant werden könnten. Für eine professionelle Recherche sollte Perplexity daher allerhöchstens als Impulsgeber dienen, und als solcher ist sie meines Erachtens noch geringer zu werten als beispielsweise die Wikipedia.

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